Themen
News
"Märkte für Naturkapital - Wie können Unternehmen und Finanzinstitute sich beteiligen" - Veranstaltungsrückschau
Am Donnerstag, den 29. April 2014 fand im Rahmen des Projektes „Natural Capital Markets“ ein viertes Webinar statt. Das Webinar erläuterte die Rolle der Unternehmen und der Finanzindustrie bei der Weiterentwicklung von Märkten und marktbasierten Mechanismen für Naturkapital. Es zeigt auf, wie Unternehmen und Finanzindustrie sich an Programmen für die Honorierung von Ökosystemdienstleistungen (Payments for Ecosystem Services/PES) und Märkten für Biodiversitätsoffsets beteiligen können und wie sie die Finanzierungsmechanismen zur Kosteneinsparung und Sicherung ihrer Ressourcen nutzen können.
Herr Joost Bakker führte kurz in den Hintergrund des Projektes ein. Im Moment werden pro Jahr ungefähr 50 Milliarden US Dollar für den Schutz der Biodiversität ausgegeben. Für einen effektiven Schutz der Biodiversität werden mindestens 200 Milliarden US Dollar pro Jahr gebraucht. Es ist höchst unwahrscheinlich, dass staatliche Gelder allein den Bedarf an Mitteln zur Verfügung stellen können, um diesen Finanzbedarf zu decken. Das Projekt „Natural Capital Markets“ analysiert daher, ob und welche Finanzierungsmechanismen für sowohl Unternehmen als auch für die Biodiversität einen Gewinn bringen können. Dazu wurden zwei Finanzierungsmechanismen ausgewählt: Biodiversitäts-Offsets und Payments for Ecosystem Services.
Frau Suleika Suntken präsentierte die zwei im Projekt untersuchten Finanzierungsmechanismen.
Biodiversitäts-Offsets (Kompensationsmaßnahmen) sind messbare Naturschutz- und Wiederherstellungsmaßnahmen, die i.d.R. als Kompensation für unvermeidbare, und nicht-reduzierbare Eingriffe in die Biodiversität durchgeführt werden. Die Kompensation von Auswirkungen erfolgt nachdem der Eingriff auf ein Minimum beschränkt ist.
Anders als bei CO2-Offsets ist die Maßeinheit bei Biodiversitäts-Offsets nicht so einfach. Bei CO2-Offsets geht es um die Emissionen bzw. die Vermeidung von THG. Diese können auf die einheitliche Währung CO2 umgerechnet werden. Biodiversität dagegen ist sehr komplex und kann, abhängig von der Maßeinheit unterschiedlich berechnet werden. Kompensationsmaßnahmen oder Offsets können als sogenannte „Credits“ oder Ökopunkte dargestellt werden, die dann die Größe und Qualität der durchgeführten Maßnahmen bezeichnen. Hat man sich auf Ökopunkte verständigt, kann man Kompensationsmaßnahmen durchführen und diese in Ökopunkten ausdrücken und in sog. Habitat Banken/Flächenpools bevorraten und entweder für eigene Eingriffe bevorraten oder an Kompensationsverpflichtete Dritte verkaufen. Das jährliche weltweite Biodiversitäts-Offsets Umsatzvolumen beträgt ca. 3 – 4 Mrd. US Dollar, hauptsächlich gesetzlich verpflichtende und einige wenige freiwillige Offsets.
Für den Privatsektor lohnt sich die Beteiligung an Marktmechanismen als Anbieter, wenn sie einen Flächenpool (Habitat Bank) schaffen können. Als Nachfrager werden durch den Kauf von Biodiversitäts-Offsets für den Privatsektor die Planungssicherheit erhöht und die Kosten für die Suche, Planung und Umsetzung von Kompensationsmaßnahmen reduziert.
Unternehmen mit erheblichen Eingriffen in Naturkapital benötigen eine große Anzahl an Offsets. Falls sie das Land nicht besitzen, auf dem sie ihre Eingriffe ausgleichen können, müssen sie Offsets beispielsweise von einer Habitat-Bank kaufen. Wenn Unternehmen jedoch große Flächen an Land besitzen, die nicht anderweitig genutzt werden, können sie Ausgleichsmaßnahmen auf ihrem eigenen Land durchführen und können diese Offsets nutzen, um ihre zukünftigen Eingriffe zu kompensieren oder sie an andere Firmen zu verkaufen. Dies stellt eine Möglichkeit etwa für Forstunternehmen, landwirtschaftliche Betriebe oder auch für Bergbau-, Öl- und Gas-Unternehmen dar. Wenn die Eingriffe gering sind und das Unternehmen eine große Landfläche besitzt, kann es Habitat-Banken bilden und Biodiversitäts-Offsets verkaufen. Wenn das Unternehmen jedoch über keine großen Landflächen verfügt und die Eingriffe gering sind, ist der Kauf einzelner Offsets die bessere Option.
Zur Erklärung von PES eignet sich das folgende Beispiel: Viele Unternehmen nutzen Ökosystemleistungen wie beispielsweise sauberes Wasser oder ein stabiles Klima ohne dabei in den dauerhaften Erhalt des Naturkapitals zu investieren. Naturkapital ist jedoch die Voraussetzung für die Bereitstellung wichtiger Ökosystemleistungen. Durch die Honorierung von Ökosystemleistungen (Payments for Ecosystem Services – PES) kommt der Begünstigte für die Bereitstellung, und folglich auch für den Schutz von Biodiversität und Ökosystemleistungen auf. Genauer gesagt, handelt es sich um eine direkte, freiwillige, bedingte Zahlung des Nutzers von Ökosystemleistungen an den Bereitsteller der Ökosystemleistung.
Das Umsatzvolumen beträgt jährlich ca. 8 Mrd. USD. Hauptsächlich ist das das staatliche Programm in China und dort hauptsächlich Zahlungen für Wassereinzugsgebiete an Bereitsteller. PES Programme gibt es auf der ganzen Welt, allerdings sind die Beträge, die für die Ökosystemleistungen vom Privatsektor gezahlt werden, relativ niedrig.
Letztlich lohnt sich die Teilnahme an PES Programmen für den Privatsektor, wenn es dadurch die eigenen Produktionsmittel z.B. sauberes Wasser sichern kann und zwar kostengünstiger als durch andere Methoden. Die Beteiligung an PES Programmen kann zu einer Reputationsverbesserung führen und die regionale Akzeptanz steigern, insbesondere wenn lokale Bereitsteller von Ökosystemleistungen in das PES Programm eingebunden sind.
Daher schlussfolgern wir aus dem Projekt, dass man die zwei Marktmechanismen als Werkzeuge aus einer großen Werkzeugkiste betrachtet, die je nach politisch und regionaler Situation kombiniert und angepasst werden müssen, um zum Biodiversitätsschutz beizutragen und zusätzliche Gelder für den Biodiversitätsschutz bereitzustellen. Aus Anwendungsbeispielen und anderen Studien mit Marktmechanismen kann man lernen und dann je nach Situation diese anwenden. Die Toolkits geben erste Ansätze welche Finanzierungsmechanismen unter welchen Bedingungen sinnvoll sind und wie der Privatsektor sich beteiligen kann.
Die Kritik an Marktbasierten Instrumenten herrscht nicht ohne Grund vor. Man muss bei der Schaffung und Anwendung von Marktbasierten Instrumenten die Risiken (Zusätzlichkeit, Verdrängungseffekt, Verschmutzungslizenz etc.) kennen und vermeiden. Wenn man diese jedoch überprüft und so gut es geht ausschließt ist es möglich Finanzierungsmechanismen zu verwenden um zusätzliche Finanzmittel für den Biodiversitätsschutz zu generieren. Die Broschüre, die im Rahmen des Projektes Natural Capital Markets erarbeitet wurde gibt Hinweise, wie man diese Risiken vermeiden kann.
Wir sehen Marktbasierte Instrumente als eine sinnvolle Ergänzung zu den Gesetzen und Regulierungen, um die nötigen Gelder für den Biodiversitätsschutz aufzubringen. Wir wollen damit nicht die Ordnungspolitik schwächen oder gar abschaffen. Wir plädieren für die sinnvolle Kombination, Ergänzung und Weiterentwicklung der Marktmechanismen je nach Situation.

