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Kann die Ökonomie die Natur retten
In den letzten Jahren wird auch im Naturschutzbereich dem Markt eine immer größer werdende Rolle zugeteilt. Eine gesellschaftspolitische Debatte zu den Chancen und Risiken der „neuen Ökonomie der Natur“ fehlt im deutschen Raum bisher jedoch fast vollständig. Deshalb hat die Heinrich-Böll Stiftung am 6. Juni 2013 die umwelt- und entwicklungspolitischen Verbände und NGOs in Deutschland zu einem gemeinsamen Austausch und einer Debatte eingeladen.
Während der Veranstaltung wurden denkbare Lösungsstrategien, wie die - ökonomische – Inwertsetzung von Biodiversität und Ökosystemleistungen, die Internalisierung und Marktmechanismen selbst, behandelt. Auch die Rolle von Verbänden und NGOs in der Debatte wurde thematisiert.
Intensive Diskussionen wurden in Bezug auf Preise und Werte von Biodiversität und Ökosystemleistungen geführt: Der zusätzliche Finanzbedarf für den Schutz der weltweiten Biodiversität motiviert zunehmend mehr Organisationen, zusätzlich zur Akquise öffentlicher Gelder Marktmechanismen stetig stärker zu nutzen. Dem gegenüber stehen die klassischen Forderungen nach steuerlich greifenden Maßnahmen zur Schließung der Finanzierungslücken.
Die grundsätzliche Frage, ob eine Monetarisierung von Biodiversität und Ökosystemleistungen auch intrinsische Werte beinhaltet oder diese Werte gar nicht monetarisierbar sind, leitete folgerichtig die Diskussion am Vormittag ein. Anhand der ETS (EU Emissions Trading System, die europäische CO2 Börse) wurde die Gefahr, die Wertschwenkungen für die Wirksamkeit von Marktmechanismen beinhaltet, illustriert. Dennoch wurde natürlich auf die problematische Subjektivität von „Wertzuschreibungen“ für Biodiversität und Ökosystemleistungen hingewiesen. Bekanntlich sind Käufer in Abhängigkeit von der Region und der geografische Ebene, auf der eine Ökosystemleistung genutzt wird, bereit oder fähig zu zahlen. So gibt es weltweit Käufer für CO2 Speicherung da Klimawandel alle betrifft. Für Erosionsschutz dagegen gäbe es fast nur Käufer in einer betroffenen Region die wiederum oftmals zu den zahlungsschwachen Gebieten zählen.
Auch die grundsätzlichen Bedingungen einer Monetarisierung spiegelte das Spektrum der gegenwärtigen Denkansätze. So stellt für ein Lager Monetarisierung bereits den ersten Schritt zur Internalisierung dar, weil die nicht bewerteten Externalitäten von Unternehmen und Staate, mittels Monetarisierung und Marktmechanismen, internalisiert werden können. Für andere eignet sich die Monetarisierung – eben weil nicht alle Werte monetarisierbar sind – ohnehin nur in der Anwendung bei Umweltschäden.
Am Nachmittag war ein wichtiges Thema das Verhältnis von ordnungspolitischen Mechanismen zu Marktmechanismen. Im Gros äußerten die Vertreter der NGOs und verbände gleichermaßen Befürchtungen, dass Staaten die ordnungspolitischen Instrumente abbauen würden, um Marktbasierte Mechanismen zu fördern. Ein solches Vorgehen würde schlussendlich lediglich eine Umbenennung der Herkunftsquellen, jedoch eben nicht ein größeres Volumen der Hilfeleistungen, zum Erhalt von Natur und Umwelt bedeuten.
Auch die Frage, ob der Einsatz von markbasierten Mechanismen eine Aufweichung der Minimumwerten bedeuten würde, wurde ausführlich besprochen, denn eine straffreie Überschreitung der gesetzlichen Grenzwerte ist theoretisch sehr wohl möglich, wenn jede Auswirkung ausgeglichen werden kann. Die Bedeutung von gesetzlich gestellten Minimumwerten, die von Marktbasierten Instrumente ergänzt werden, wurde deshalb in der Diskussion betont.
Obwohl hauptsächlich Befürchtungen gegenüber eines erhöhten Einflusses marktbasierter Instrumente in den Bereich Naturschutz bestehen, wurden auch die positiven Marktaspekte, wie zum Beispiel eine effiziente Verteilung von Mitteln, genannt. Zudem wurde eingewandt, dass der Naturschutz auch ohne marktbasierte Instrumente bisher nicht sehr erfolgreich war.
Ein Thema, dass immer wieder auftauchte, war der Handel von (Elementen) von Biodiversität und Ökosystemleistungen und die Gefahren, die dabei entstehen können. Vor allem die mögliche Diskrepanz zwischen Auswirkungen und Ausgleich und die Spekulation mit Derivativen von Biodiversität und Ökosystemleistungen wurden als besonders gefährlich eingestuft. Manche Teilnehmer meinten aber, dass Derivativen sehr schwer zu vermeiden sind, da sobald man Aspekten abstrahiert, man schon eine Derivative kreiert hat.
Obwohl die Veranstaltung nicht zu einem Konsens unter den deutschen NGOs und Verbänden führte, wurde die Plattform als Möglichkeit zum Austausch insgesamt als interessant und sinnvoll wahrgenommen. Wegen des anhaltenden generellen und speziellen Diskussionsbedarfs einzelner Aspekte im Themenfeld „Ökonomisierung der Natur“ sind bereits Folgeveranstaltungen angedacht.